Die Absage der Diagonale 2020 war für die österreichische Filmbranche ein Schock: Einige Filme, die bereits zuvor ihren regulären Kinostart hatten, traf es nicht ganz so hart, andere, die beim Filmfestival in Graz ihre Premiere feiern sollten, umso härter. Dazu zählt auch der zweite Spielfilm von Sebastian Brauneis, Regisseur des 2018-er-Debüts „Zauberer“, der bei der Diagonale damals den Drehbuchpreis gewinnen konnte.

von Christian Klosz

Bei „3freunde2feinde“ handelt es sich um eine ohne Förderung und mit Minimalbudget von Autor/Regisseur/Kamerammann/Produzent Brauneis auf die Beine gestellte Tragikkomödie – alleine für diesen Effort gebührt ihm Applaus -, die von prekären Arbeitsverhältnissen, Machtgefällen und -missbrauch, aber vor Allem von Freundschaft erzählt: Johanna, Franzi und Emil (Marlene Hauser, Christoph Kohlbacher, Noah L. Perktold) arbeiten in einem Großkonzern in Wien, der „gefährliche Pakete“ herstellt/verschickt (mehr erfahren wir nicht), alle haben eine „schwierige Geschichte“ und versuchen, sich mit dem hier verdienten Geld irgendwie über Wasser zu halten. Franzi ist ehemals Drogensüchtiger, Emil hat seine Mutter verloren und kümmert sich nun um seinen schwerkranken Vater; einzig über Johannas Background erfahren wir wenig, ihr wurde allerdings kürzlich ihre Tasche inklusive Geldbörse gestohlen. Mit einem Streich wollen es die drei ihren Vorgestzten in der Firma einmal so richtig zeigen: Emil zettelt bei einer Betriebsversammlung einen Aufstand gegen den designierten Chef „Karli“ (Christoph Radakovits) an, den künftigen Schwiegersohn des Unternehmensbesitzers, der in einem Monat selbst den Laden übernehmen soll.

Diese Ausgangssituation illustriert vordergründig ein kapitalistisches Ausbeutungsverhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wobei die Sympathie von Brauneis ganz klar bei zweiteren liegt, während er die „Menschen an den Machthebeln“ pauschal als ekelhafte „Arschlöcher“ darstellt und entstellt, denen jegliche menschliche Tugenden abhanden gekommen zu sein scheinen. Interessanter noch an „3freunde2feinde“ ist aber die filmische Abbildung einer „verlorenen Generation“, die ständig und täglich ums Überleben kämpft. Erneut beweist sich Brauneis als hervorragender Chronist der Lebenswirklichkeiten vieler Angehöriger der vielzitierten Generation Y mit feinem Gespür für Lebenswelten und Milieus. Ganz nebenbei gelingt ihm auch noch ein sehenswertes Porträt des nächtlichen Wien und seiner Lokalszene, durch die er seine Protagonisten irren lässt. Gewürzt wird dieser durchaus anspruchsvolle Mix durch teils genial geschriebene Dialoge, die klug, gewitzt und temporeich für Unterhaltung des Publikums sorgen. Auch inszenatorisch glänzt der Film durch seinen Einfallsreichtum, trotz minimalster Mittel und Ausstattung gelingen immer wieder sehenswerte Szenen und Einstellungen: Not macht eben erfinderisch.

Von einem ganz großen Film ist „3freunde2feinde“ 3 Schwachpunkte entfernt: Vor allem gegen Ende wirkt der Ton des Films teils zu belehrend; das geht Hand in Hand mit einer gewissen „Radikalität“, die ihm der Programmtext der Diagonale attestiert, und die den Film in manchen Szenen etwas zu verkrampft wirken lässt. Drittens werden im Epilog noch in kürzester Zeit mehrere Storytwists präsentiert, die weder nötig, noch komplett schlüssig sind, und das Ende unnötig verkomplizieren. Abgesehen von diesen kleinen Mankos aber ist Sebastian Brauneis mit „3freunde2feinde“ ein guter, jedenfalls sehenswerter Film gelungen, der seinen Status als einer der interessantesten und begabtesten Autorenfilmer Österreichs bestätigt, und der trotz aller Ernsthaftigkeit vor Allem als Ode an die Freundschaft im Gedächtnis bleibt.

Rating

82/100

Die „Arbeitskopie“ von „3freunde2feinde“, auf die sich auch diese Kritik bezieht, ist am 24.3. um 20:15 und 23:00 als Livestream auf FM4 zu sehen!

Bilder: © 2020 studio brauneis/Sebastian Brauneis